Vom Klang des Friedens

An- und Einsichten nach einem Nachmittag im Peacecamp.

Wer sein Open Air Monsun tauft, darf sich nicht wundern, wenn es regnet. Dem Publikum hat es trotz dem schlechten Wetter gefallen.

CARMEN FREI

Wie unterschiedlich doch Wut klingen kann. Erstaunlich. Wut tönt zaghaft, auch schrill, wie ein richtiges Donnerwetter oder enttäuscht, manchmal sogar stolz. Irgendwann aber wird es zu laut bei der Wut. Dann tut es wohl, in die feine Welt der Zufriedenheit, in einen Reigen von netten Worten, umrahmt vom Gesang unzähliger Glöckchen, einzutauchen.

Das Peacecamp ist eine Welt der Kontraste. Mal Frust, mal Freude. Mal Fremdes, mal Vertrautes. Mal ich, mal die Anderen. Wer das Peacecamp besucht, kann sich auf all das einlassen, eintauchen, mitdenken, mitreden, etwas erleben, sich befreien und bereichern. Natürlich schafft man es auch, einen Nachmittag lang nur durch und um die Zelte zu lümmeln. Kein Wunder, finden sich beim Peacecamp-Bäumchen Feedback-Äpfel aller Couleur – von «spannend» zu «langweilig» bis «voll fett».

Ökumene für den Frieden

Projektträger des Peacecamps sind die Reformierte Landeskirche Aargau und die Römisch-Katholische Kirche im Aargau. Die Grundidee dieses Engagements sieht vor, eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Friedensförderung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu etablieren. Herzstück im Peacecamp sind fünf so genannte «Trainingspoints». Dort werden Themen wie Beziehungen, Zufriedenheit, gewaltfreie Kommunikation, Umgang mit Frust und Frieden stiften auf kreative Art angegangen. Dazu kommt das Tippi, in das man sich zurückziehen kann für Besinnung und Gespräche. Ein weiteres grösseres Zelt gibt den Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, vor Ort eine Nachbearbeitung zum Peacecamp-Abenteuer durchzuführen. Auch Dorli Wey, Jugendarbeiterin aus Meisterschwanden, nutzt so den gebotenen Raum. Mit ihrer Gruppe der dritten und vierten Oberstufe hat sie sich bereits vor dem Besuch im Peacecamp – unterstützt vom neu gestalteten «Leitfaden Zivilcourage» – mit der Materie befasst. Sie hat Beispiele aus dem Alltag der Schülerinnen und Schüler aufgegriffen, diskutiert und vor allem gestaunt, wie unterschiedlich doch Gewalt definiert wird.

Jetzt sind Kilian, Lauri, Sarah, Manuela und Jenny wie weitere 120 Jugendliche und junge Erwachsene an diesem Nachmittag unterwegs durchs Peacecamp, das während einer halben Woche auf dem Rügel ob Seengen stationiert ist. Der Platz ist wirklich wunderbar friedlich. Die Betreuerinnen und Betreuer erkennt man sofort an ihren einheitlichen T-Shirts und an ihrer geschulten Art, das Publikum anzusprechen und zu motivieren. Auch Peacecamp-Co-Leiter Thomas Gautschi macht bei der Einführung gleich klar, worum es hier geht. «Dies ist keine Schulstunde zum Stillsitzen, sondern eine Friedensexpo, wo euer Mitmachen und eure Meinung gefragt sind.» Dann macht Thomas Gautschi mit einem prall gefüllten Jogurt-Glas voller 20-Rappen-Stücke die Runde und verteilt das Münz. Der interaktive SMS-Posten soll schliesslich kein Loch ins Portemonnaie der Teenies reissen. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten obendrein das blaue Programm- und Notizheft zum Peacecamp und ab geht die Post.

Prügeln und Prahlen

Was macht mich wütend, was ärgert mich? Die Antworten fallen nicht schwer: «Die von der anderen Schulklasse, meine Eltern, weil sie sich heute gestritten haben, die Lehrerin und der Computer.» Welches Zitat zum Thema Zufriedenheit hat dich angesprochen? «Ich bin glücklich, wenn ich gute Noten und keine Hausaufgaben habe. Ich bin glücklich, wenn ich Geburtstag habe. Ich bin fröhlich, wenn es lustig ist.» Die Girls, die sich eben mit Spruch und Foto im Zufriedenheitszelt verewigen lassen,  finden, dass ihnen eigentlich eher etwas zum Glücklichsein oder als zur Wut in den Sinn kommt. Etwas weiter fasziniert der Psychotest, der einem als Nesthocker oder Abenteurerin entlarvt. «Tolle Mitte» resultiert bei den meisten, was so viel heisst wie: «Du weisst immer, wo du stehst, wagst dich aber ab und zu an Abenteuer. Du hast gute Freunde und gehst auch gerne auf neue Leute zu. Du kennst deine Grenzen und hast keine Mühe, zu vertrauen. Du bist kompromissbereit.» Das Urteil stärkt die jungen Leute ganz offensichtlich. Im nächsten Zelt geht es um Zivilcourage und Selbstverteidigung. «Gewalt beginnt, wo das Reden aufhört», steht auf einer Visitenkarte, die als Souvenir mit auf den Weg gegeben wird. Und der Spruch scheint zu nützen, denn im nächsten Zelt herrscht eine erstaunlich gesprächige Stimmung. Erzählt wird von Prügeleien, Verletzungen, Racheakten, Angst und Schwäche. «Schweizer», steht draussen auf einer Tafel, «Schweizer, sind meist freundlich, aber zu eingebildet. Ausländer sind manchmal lästig.»

Es ist Zeit fürs Chillout-Tippi. Die einen hängen herum und reissen dabei grossmaulig schlappe Sprüche über Frieden und so. Andere möchten gerne eine Kerze anzünden und einen Moment beim Erlebten und sich verweilen. Einer plaudert mit der Peacecamp-Mitarbeiterin, jemand kommt herein auf einen Becher kühles Wasser. Wie unterschiedlich doch Wut klingen kann. Erstaunlich. Auch Frieden tönt. Wer im Peacecamp gut hinhört, vernimmt seinen Klang.

Peacecamp ist seit 2005 auf Tour. Präsent zum Beispiel an Musik-Openairs. Peacecamp bedeutet Einsatz: 30 bis 40 Leute braucht es, um das kleine Zeltdorf zu installieren und betreiben, es hat dann aber eine Tageskapazität für über 1000 Besucherinnen und Besuchern. Peacecamp verlangt ideelles und finanzielles Engagement der Auftraggeber. In der Komplettversion (Einsatz an einem Open-Air, an einem Dorffest) kostet Peacecamp rund 25 000 Franken. Doch auch ein modulartiger Einsatz mit weniger Aufwand ist denkbar. Nach verschiedenen Rückmeldungen wird an Peacecamp geschätzt, dass Frieden – die zentrale Botschaft des Evangeliums – auf so vielfältige und ansprechende Weise behandelt wird. Das es als Erlebnis für Herz, Kopf und Hand daher kommt und das ein Besuch im Peacecamp unkompliziert ist: ausser der An- und Rückreise muss von den Besucherinnen und Besuchern nichts selber organisiert werden. Weitere Informationen sind auf www.peacecamp-mobil.ch zu finden.

 
Kontakt

Operative Co-Leitung:

Thomas Gautschi, Reformierte Landeskirche Aargau,
Augustin-Keller-Strasse 1, 5001 Aarau,
T 062 838 00 26, urech@peacecamp-mobil.ch
(PR, Organisation, Fundraising)

Urs Urech, Gladiatorenweg 2a, 5210 Windisch,
T 056 222 71 24, urech@peacecamp-mobil.ch
(Inhalt/Design, Trainings und Kooperationen)

Website von filmreif.ch | August 2006 | www.peacecamp-mobil.ch